Diskussion:1.07.1 - Informationen nicht allein durch Farbe übermitteln

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21.12.2017 Anmerkung Johannes Fischer (DZB):
Der Kontrast für Farbflächen als Markierung zum Hintergrund von 1,5:1 ist sehr gering und meiner Meinung nach nicht barrierefrei. Ein Kontrast von 3:1 sollte das Minimum darstellen, denn dieser Kontrast ist von Normalsichtigen geradeso wahrnehmbar, vergleiche Erklärung in Prüfschritt 1.01.0.
Und falls wirklich wie im Abschnitt "Begründung" die Hälfte des zur Unterscheidbarkeit von Zeichen angesetzten Kontrastwertes verwendet werden sollte, müsste das wohl eher 2:1 sein. Denn 1:1 ist das Kontrastminimum, nicht 0:1. Von 1:1 bis 3:1 ist der Abstand 2, sodass der Abstand 1 die Hälfte darstellen würde. Von 1:1 auf 2:1 ist der Abstand 1, daher müsste 2:1 angesetzt werden.


05.04.2018 Detlef Girke:
In der ISO 32975 findet man folgendes: Hier stehen auf Seite 8 die Kontrastwerte für Schrift etc. = 0,7 bis 0,8 und für flächige Bodenindikatoren = 0,4. Die Messung und die Messwerte sind hier ganz anders als am Bildschirm, aber das Verhältnis - der Kontrast von Flächen wird halb so stark angesetzt als der von Zeichen - ist m.E. übertragbar. Das mit 2:1 stimmt aber. Das sollten wir korrigieren.


10.04.2018 Johannes Fischer (DZB):
Ok, von den Kontrastwerten 0,8 bzw. 0,4 für Bodenindikatoren wusste ich bisher nichts. Danke für die Information. Die Werte scheinen mir der Formel des Michelson-Kontrasts zu entstammen. Es stimmt, wenn man hier allein das Verhältnis verwendet, um den Kontrast für markierende Farbflächen zum Hintergrund zu bestimmen, würde für einen Ausgangswert für Zeichen von 3:1 als Ergebnis ein Wert von 2:1 stehen. Aber für mich stehen zwei Dinge in Frage:

  1. Der Kontrast von Zeichen ist in der WCAG eigentlich 4,5:1. Nur großer oder fetter Text darf den verringerten Kontrast von 3:1 verwenden. Wenn man nun also nicht 3:1, sondern 4,5:1 als Ausgangswert nimmt, wäre die Hälfte des Kontrastwertes 2,75:1 und damit deutlich höher als 2:1.
  2. Statt sich auf den WCAG-Wert von 4,5:1 für Text zu beziehen, könnte man versuchen, die Kontrastwerte 0,8 und 0,4 auf WCAG-Werte umzurechnen. Dazu habe zunächst einen Link von Leserlich.info gefunden, wo steht, dass 0,6 nach Michelson dem WCAG-Wert 4,5:1 entspricht (0,8 -> 7:1): http://www.leserlich.info/kapitel/farben.php
    Ich habe noch eine Seite gefunden, auf der im Bereich "Common Metrics" für den Verhältniswert 3:1 ein Wert 0,5 nach Michelson angegeben wird: http://www.stonesc.com/pubs/Contrast%20Metrics.htm
    Unter einer weiteren Seite von Leserlich (http://www.leserlich.info/werkzeuge/kontrastrechner/) im Bereich "Hintergründe zur Berechnung" sind die Formeln von WCAG und Michelson hinterlegt. Wenn ich hier z. B. den WCAG-Kontrast von 2:1 umrechne, komme ich nur auf 0,33 oder 0,34 nach Michelson, bei WCAG 2,3:1 dagegen auf etwa 0,4 nach Michelson, siehe folgendes Beispiel:
    WCAG-Formel: 2,3:1 = (2,25 + 0,05) / (0,95 + 0,05)
    -> Ymax = 2,25; Ymin = 0,95
    Dies setze ich in die Michelson-Formel ein:
    (2,25 - 0,95) / (2,25 + 0,95) = 1,3 / 3,2 = 0,406

Wenn ich falsch gerechnet haben sollte bzw. ich einem Irrtum bezüglich der Umrechnung unterlegen sein sollte, bitte korrigieren. Ich bin kein Experte für Kontrastformeln und habe nur etwas dazu recherchiert.

Fazit:
Aus meiner Sicht könnte man sich für Kontrastwerte zwischen 2,3:1 und 2,75:1 entscheiden, je nachdem, anhand welcher Alternative man es begründet. Oder man nimmt als Mitte zwischen beiden Alternativen 2,5:1 als Mindestkontrast.

Versuchsanordnung

11.06.2018 Brigitte Bornemann

Die theoretische Diskussion um Kontrastformeln lässt sich ggf. leichter entscheiden, wenn wir etwas empirisches Material zur Anschauung haben. Anbei ein Beispiel aus meiner aktuellen Beratungspraxis (Namen sind geschwärzt).

Screenshot: Kontraste von Checkbox und Eingabefeld

In Frage stehen die leeren Checkboxen und Eingabefelder, die im Screenshot farblich markiert sind.

Die Checkbox ist ein Zeichen, denn sie muss von vergleichbaren Formularfeldern, z.B. Radiobutton, unterscheidbar sein. Sie ist auch so groß wie ein Textzeichen, nicht extra groß wie heute oft zu sehen. Es gilt also die Kontrastanforderung von 3:1 wie für große bzw. fette Zeichen. Das Eingabefeld ist dagegen eine Fläche, es kommt darauf an, ob es gegen den Hintergrund wahrnehmbar ist. Der ausreichende Kontrast von Flächen steht hier zur Diskussion.

Im abgebildeten Beispiel sind die Kontraste zu schwach (bitte nicht nachmessen - in der Abbildung kommen die Farben nicht original heraus). Die Checkbox im Beispiel hat einen Kontrast von 2:1. Das Eingabefeld im Beispiel hat einen Kontrast von 1,1:1.

Versuchsanordnung

Das Eingabefeld im Beispiel ist kaum wahrnehmbar, soviel ist klar. Aber welcher Wert wäre ausreichend, um das Eingabefeld zu erkennen? - In unserer Diskussion wurden Werte von 1,5:1, 2:1, 2,3:1, 2,5:1, 2,8:1 genannt.

Diese verschiedenen Grenzwerte für den Kontrast von Flächen habe ich in einer Versuchsanordnung mit Formularfeldern dargestellt. Meine Bitte: schaut Euch die Versuchsanordnung auf dem Testserver an und gebt Rückmeldung, bei welchem Wert für Euch persönlich "gut sichtbar" anfängt.

Screenshot Versuchsanordnung Diese Abbildung ist ein Screenshot, bitte nicht für den Test verwenden. Bitte die Versuchsanordnung auf dem Testserver verwenden.


Meine persönlichen Werte - ich bin leicht alterssichtig: Checkbox und Radiobutton sind deutlich unterscheidbar bei einem Kontrast von 2,2:1. Das Eingabefeld ist deutlich sichtbar bei einem Kontrast von 1,5:1.

Ich freue mich auf Rückmeldung von normalsichtigen und von mehr oder weniger stark sehbehinderten Lesern.